Mon. Sep 16th, 2024

Die Berliner Abgeordnete Hildegard Bentele (CDU) stellt heute im Europäischen Parlament ihren Berichtsentwurf zur „Europäischen Strategie für kritische Rohstoffe“ vor.

Ohne – und ohne deutlich mehr – kritische Rohstoffe können wir den Umbau unserer Wirtschaft hin zu Klimaneutralität nicht schaffen und unsere Ziele bei der Digitalisierung nicht erreichen. Selbst vorsichtige Schätzungen prognostizieren einen erheblichen Mehrbedarf u. a. an Seltenen Erden, Lithium und Kobalt, die wir momentan zu einem Großteil aus Drittstaaten importieren, in Teilen ausschließlich aus China. Industriepolitisch steht somit die Resilienz unserer Lieferketten in strategischen Wirtschaftsbereichen auf dem Spiel, die wir dringend mit einem Bündel aus verschiedenen Maßnahmen verbessern müssen.

Der Aktionsplan der Europäischen Kommission ist ein richtiger und wichtiger Schritt, insbesondere die Gründung der Europäischen Rohstoffallianz ERMA, die alle Akteure an einem Tisch versammelt, nachhaltige Projekte identifiziert und die nötigen Investitionen ermöglicht. Ich fordere ein stärkeres Engagement der Mitgliedsstaaten, die das Thema kritische Rohstoffstrategien dringend in ihre Aufbau- und Resilienzpläne aufnehmen müssen. Zudem sollte es ein IPCEI (Important Project of Common European Interest) für kritische Rohstoffe geben.

Um unseren Bedarf an kritischen Rohstoffen zu decken werden im Wesentlichen drei Schritte notwendig sein:

1. Materialkreisläufe schließen

Die Kreislaufwirtschaft ist in aller Munde, muss aber konkret umgesetzt werden. Für Rohstoffe heißt das: smartes Produktdesign, Recycling, Substitution und besseres Abfallmanagement. Wir brauchen Sammelstrategien für ausgediente Produkte, umsetzbare Anforderungen für den Einsatz von recycelten Materialien und entsprechende Investitionen in Anlagen und Prozesse, Forschung und Arbeitsplätze. Für die in Berlin ansässige Recyclingindustrie ergeben sich hier große Chancen, für die wir den geeigneten Rechtsrahmen schaffen müssen.

2. Heimische Bezugsquellen nutzen

Bei allen Bemühungen, die Materialkreisläufe zu schließen, werden wir nicht ohne neue Rohstoffe auskommen. Ich plädiere dafür, Bergbau in Europa deshalb aktiv in die Überlegungen aufzunehmen und die Branche in ihren Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit zu fordern und fördern. Ich setze mich für eine Debatte ein, in der wir uns ehrlich mit unserem Bedarf auseinandersetzen und für gute Bedingungen für europäische Unternehmen mit hohen Standards vor Ort sorgen, statt die Augen vor den Folgen der Auslagerung in Drittstaaten, auf die wir keinen Einfluss haben, oder vor unserer Abhängigkeit zu verschließen.

3. Lieferketten diversifizieren

Besonders kritisch sehe ich die Abhängigkeit der EU von kritischen Rohstoffen aus Drittstaaten, in denen Gesundheits- und Umweltstandards weit unter denen der EU liegen und schwierige politische Bedingungen herrschen. Ich setzte mich für eine weitere Diversifizierung von Lieferketten ein und fordere die Aufnahme einer konkreten nachhaltigen Rohstoffpolitik in strategische Partnerschaften, die Europäische Nachbarschaftspolitik und die Afrika-Strategie.

Ich möchte den Industriestandort EU fit für die Zukunft machen, damit er attraktiv und wettbewerbsfähig bleibt und Arbeitsplätze erhalten und neu geschaffen werden. Voraussetzung dafür ist ein sicherer und fairer Zugang zu (kritischen) Rohstoffen. Damit einher geht die Verpflichtung für verantwortungsvolle Gewinnung und effizientere Nutzung von Rohstoffen. Dafür wünsche ich mir auch ein klares Bekenntnis der Industrie zu Materialen und Rohstoffen „made in the EU“.

Hintergrund

Alle drei Jahre veröffentlicht die EU Kommission eine Liste mit kritischen Rohstoffen, die als Basis für politische Entscheidungen wie Handelsverträge, Forschungsprogramme und sektorale Gesetzgebung verwendet wird. Wirtschaftliche Bedeutung und Versorgungsrisiko sind Schlüsselfaktoren für die Kritikalität. 2020 hat die Kommission die dritte Liste von 30 kritischen Rohstoffen gemeinsam mit einem Aktionsplan vorgelegt. Er beinhaltet zehn Maßnahmen zur Sicherung des Bedarfs und Stärkung der Unabhängigkeit von einzelnen Drittstaaten.

Laut Studien bezieht die EU 98 % ihres Bedarfs an seltenen Erden aus China, 98 % des Bedarfs an Borat aus der Türkei, 71 % des Bedarfs an Platin und einen noch höheren Anteil an den Metallen der Platingruppe Iridium, Rhodium und Ruthenium aus Südafrika, 68% des Bedarfs an Kobalt aus dem Kongo. Für Elektrofahrzeugbatterien und Energiespeicherung würde die EU, verglichen mit der derzeitigen Versorgung der gesamten EU-Wirtschaft, 2030 bis zu 18-mal mehr Lithium und 5-mal mehr Kobalt und 2050 fast 60-mal mehr Lithium und 15-mal mehr Kobalt benötigen. Die Nachfrage nach Seltenen Erden, die in Permanentmagneten, etwa für Elektrofahrzeuge, digitale Technologien oder Windgeneratoren zum Einsatz kommen, könnte sich bis 2050 verzehnfachen.

Source: via MEP e-mail

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