Berlin, 11. Juni 2024
bei der Ukraine Recovery Conference am 11. Juni 2024 in Berlin:
839 Tage. 839 endlose Tage und Nächte dauert der Krieg in der Ukraine schon. Ein erbarmungsloser, völkerrechtswidriger Angriffskrieg, seit mehr als zwei Jahren. Jeder Tag und jede Nacht bringt neue Schrecken für die Menschen in der Ukraine. Und jedes Flugzeug, das am Himmel über Kyjiw, Charkiw, Odessa auftaucht, ist eine tödliche Gefahr.
Seit dem 24. Februar 2022 leben die Menschen mit dieser Gefahr. Sie müssen damit leben. Mit der Angst, mit der Ungewissheit, mit Angriffen auf Wohngebiete und Einkaufszentren wie kürzlich in Charkiw, mit Bomben auf lebensnotwendige Infrastruktur, auf die Energieversorgung. Sie leben mit dem Terror schwerer Kriegsverbrechen, mit Zerstörung und Leid. Mit dem Tod. Der Krieg ist Alltag geworden in der Ukraine. Freunde und Familienmitglieder an der Front, ständige Sirenen und Pushnachrichten, Zuflucht in Luftschutzbunkern und U-Bahnhöfen.
Aber auch das ist Alltag in der Ukraine: Junge Männer arbeiten in der Stahlproduktion, damit die Wirtschaft weiterläuft, Familien feiern Ostern mit traditionellen Bräuchen, Menschen gehen aus, sie lernen an den Universitäten und Schulen. Und dieser Alltag ist wichtig für die Menschen. Auch um ihren Alltag künftig wieder frei und unbeschwert leben zu können, wehren sich die Ukrainerinnen und Ukrainer seit über zwei Jahren gegen den russischen Aggressor. Es geht in diesem Kampf um mehr als ums Überleben. Es geht um ein Leben in Frieden und Demokratie.
Sie sind hierher nach Berlin gekommen, um über die Zukunft der Ukraine zu sprechen, über wirtschaftliche Erholung und den Wiederaufbau. Und es ist mir eine große Freude, vor allem unsere Freunde aus der Ukraine zu begrüßen!
Ich habe heute Morgen Präsident Selensky zu einem Austausch getroffen. Und ich habe ihm versichert, was ich hier bekräftige: Wir bleiben an der Seite der Ukraine im Kampf gegen den russischen Angriff! Wir unterstützen Sie und Ihr Land, und zwar so lange es notwendig ist! Und wir unterstützen Sie in den kommenden Jahren, wann und wo immer der Kampf durch Wiederaufbau ersetzt werden kann! Mein herzlicher Dank geht an all die vielen, die dabei mithelfen und anpacken – für die Zukunft der Ukraine!
Wenn es um den Wiederaufbau der Ukraine geht, sind aus meiner Sicht vier Themen wichtig.
Ich meine erstens den wirtschaftlichen Wiederaufbau. Er ist von entscheidender Bedeutung für einen Neustart. Was die Ukraine jetzt und in den kommenden Jahren braucht, sind Investitionen in die Zukunft. Ich freue mich, dass die Wirtschaft bei dieser Konferenz stark vertreten ist, und danke allen, auch den vielen deutschen Unternehmerinnen und Unternehmern, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.
Wichtig sind, zweitens, auch soziale Infrastruktur und der soziale Wiederaufbau. Der Ukraine fehlt wegen des Krieges derzeit fast eine ganze Generation – die junge Generation. Für ihre Zukunft aber ist die Ukraine genau auf diese jungen Menschen angewiesen, die gut ausgebildet sind, die motiviert sind, die Ideen, Tatkraft, Energie haben. Ihren Glauben an die Zukunft müssen wir hochhalten – und dafür braucht es Schulen und Kindergärten, Strom und Straßen, Krankenhäuser und Universitäten. Kurzum: ohne soziale und technische Infrastruktur keine Zukunft.
Ich meine drittens den lokalen und kommunalen Wiederaufbau. Aus voller Überzeugung haben Präsident Selensky und ich im Herbst 2022 die Schirmherrschaft über das deutsch-ukrainische Städtepartnerschaftsnetzwerk übernommen. Seither sind noch viel mehr Städte und Gemeinden hinzugekommen – und das mitten im Krieg. Über 200 Partnerschaften sind es mittlerweile. Gerade sie vor Ort wissen am besten, was jetzt und in Zukunft gebraucht wird, und sie helfen schnell, konkret, unbürokratisch, vom Stromgenerator bis zum Feuerwehrfahrzeug.
Ich spreche hier, viertens, von der Zukunft der Ukraine als Teil Europas. Ich bin überzeugt: Die Zukunft der Ukraine ist in der Europäischen Union. Deshalb ist es so wichtig, dass die Ukraine Beitrittskandidat geworden ist und dass die Verhandlungen bald beginnen können. Ich denke, genau das ist es, was vielen Ukrainerinnen und Ukrainern jetzt, in diesen schweren Zeiten, Mut und Hoffnung gibt.
Wir alle wissen: Putin will die Ukraine von der Landkarte tilgen. Er will sie in eine undemokratische Vergangenheit zurückzwingen. Wir zeigen, Sie alle zeigen heute hier, dass die Ukraine ein Ort der Zukunft ist. Ein Ort, an dem die Menschen auch in Zukunft wieder in Frieden und Freiheit leben.
Herzlichen Dank!
Quelle – Bundesregierung