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Zugriff auf Verbindungsdaten bei Strafermittlungen: Urteil des EU-Gerichtshofs in der Rechtssache C‑178/22 C‑178/22 Staatsanwaltschaft beim Landesgericht Bozen

30 April

Dienstag, 30. April 2024

9.00 Uhr!

Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C‑178/22 Staatsanwaltschaft beim Landesgericht Bozen (Procura della Repubblica presso il Tribunale di Bolzano)

Zugriff auf Verbindungsdaten zur Ermittlung von Straftaten

Die Staatsanwaltschaft Bozen ermittelt in zwei Fällen gegen unbekannt wegen Diebstahls (je) eines Mobiltelefons. Um den/die Täter aufzuspüren, hat sie beim Landgericht Bozen beantragt, auf die Verbindungsdaten zugreifen zu dürfen, die bei den Telefongesellschaften gespeichert sind.

Es geht in beiden Fällen um schweren Diebstahl, der von Amts wegen (d.h. auch ohne Antrag der bestohlenen Person) verfolgbar ist und mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Jahren bestraft wird.

Nach italienischem Recht handelt es sich dabei um eine schwere Straftat. Der italienische Gesetzgeber hat nämlich im Nachgang zum EuGH-Urteil C-746/18 Prokuratuur als schwere Straftaten, für die die Verbindungsdaten erhoben werden können, diejenigen bestimmt, die gesetzlich mit einer Strafe „im Höchstmaß von nicht weniger als drei Jahren“ bestraft werden. Im Urteil Prokuratuur hatte der EuGH entschieden, dass Zugang zu einem Verkehrs- oder Standortdatensatz, der es ermöglicht, genaue Schlüsse auf das Privatleben zu ziehen, nur zur Bekämpfung schwerer Kriminalität oder zur Verhütung ernster Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit gewährt werden darf (siehe Pressemitteilung Nr. 29/21).

Das Landgericht Bozen ist hingegen der Ansicht, dass die Aufklärung eines Diebstahls es nicht rechtfertigen könne, in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens, auf den Schutz personenbezogener Daten und auf die Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit einzugreifen. Diese Rechte wären inhaltsleer, wenn in sie bei einer geringfügigen Straftat eingegriffen werden könnte.

Es hat dem EuGH daher die Frage vorgelegt, ob die Datenschutzrichtlinie 2002/58 für elektronische Kommunikation, wie sie im Urteil Prokuratuur ausgelegt wurde, einer nationalen Regelung entgegensteht, die allgemein und ohne zwischen den verschiedenen Arten von Straftaten zu unterscheiden, bei ausreichenden Anhaltspunkten für eine Straftat die Erhebung von Telefonverbindungsdaten für Straftaten vorsieht, die mit einer Strafe im Höchstmaß von mindestens drei Jahren Freiheitsstrafe und Geldstrafe bestraft werden.

In seinen Schlussanträgen vom 8. Juni 2023 hat Generalanwalt Collins die Ansicht vertreten, dass das Unionsrecht einer nationalen Regelung nicht entgegenstehe, wonach ein Gericht verpflichtet ist, der Staatsanwaltschaft Zugang zu den von den Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste rechtmäßig gespeicherten Daten zu gestatten, aus denen genaue Schlüsse auf das Privatleben eines Nutzers gezogen werden können, sofern diese Daten für die Zwecke der Aufklärung des Sachverhalts relevant sind und hinreichende Anhaltspunkte für die Begehung einer schweren Straftat im Sinne des nationalen Rechts vorliegen, die mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist. Vor der Gewährung des Zugangs müsse das nationale Gericht im Einzelfall konkret prüfen, ob der mit der Gewährung dieses Zugangs verbundene Eingriff in die Grundrechte in Anbetracht u. a. der Schwere der spezifischen Straftat und des jeweiligen Sachverhalts verhältnismäßig ist.

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