Fri. Nov 15th, 2024

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Die EU-Kommission finalisiert diese Woche den ersten delegierten Rechtsakt zur Ausgestaltung der Regeln für Sustainable Finance. Diese “Taxonomie-Regeln” werden bestimmen, welche Finanzprodukte und Investitionen als grün und nachhaltig gelabelt werden dürfen und welche nicht. Jüngst wurden Pläne der Kommission bekannt, auf Druck der Mitgliedstaaten die ursprünglichen wissenschaftsbasierten Vorschläge deutlich aufzuweichen und etwa auch die Investitionen in fossiles Gas oder nicht nachhaltige Forstwirtschaft als Sustainable Finance zu labeln.

Die geplante Aufweichung der Regeln wurde gestern vom Vorsitzenden der Plattform für Sustainable Finance, Nathan Fabian, in einem offenen Brief an die EU-Kommission deutlich kritisiert. Zusammen mit den weiteren leitenden Mitgliedern der Plattform mahnte er die Orientierung an wissenschaftlichen Kriterien statt an politischen Interessen an. Die Plattform ist das zentrale Beratungsgremium des Europäischen Sustainable-Finance-Projekts. Bereits vor zwei Wochen hatten neuen Mitglieder der Plattform in einem Brief an die EU-Kommission angekündigt, ihre Mitgliedschaft in der Plattform zu überdenken, falls es zur geplanten weitreichenden Aufweichung kommen sollte.

Das Europaparlament und die EU-Staaten hatten lange verhandelt und am Ende einen Kompromiss gefunden. Doch nun könnte die EU-Kommission bei der konkreten Umsetzung auf Druck einiger Mitgliedsländer eine Kehrtwende hinlegen und die Kriterien abschwächen. Dadurch würden u.a. Investitionen in fossiles Gas als Sustainable Finance gelten. In einem von der Finanzexpertin Kristina Jeromin und dem Europaabgeordneten Sven Giegold initiierten offenen Brief an die zuständigen Kommissar*innen McGuinness und Dombrovskis fordern über 1.000 Unterzeichner*innen, darunter 250+ Expert*innen aus dem Sustainable Finance-Bereich, glaubwürdige Regeln statt der geplanten Abschwächung. Die EU-Kommission wird die Entscheidung über die entscheidenden delegierten Rechtsakte diese Woche vorbereiten und formal nächste Woche verkünden. Sven Giegold, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Grüne/EFA im Europäischen Parlament, erklärt:

“Die Glaubwürdigkeit des Europäischen Green Deals steht auf dem Spiel. Investitionen in fossiles Gas dürfen kein Nachhaltigkeitslabel bekommen. Ursula von der Leyen und Frans Timmermans müssen Schaden vom Green Deal abwenden. Nach der Landwirtschaft wäre die Finanzbranche schon der zweite Wirtschaftssektor, in dem die Ziele des Green Deals untergraben werden. Weicht die EU-Kommission dem Druck einzelner Mitgliedstaaten, dann ist ihre Durchsetzungsfähigkeit beim Green Deal stark beschädigt. Wenn die EU-Kommission schon bei Transparenzregeln für die Finanzbranche einknickt, droht bei den Klima-Regeln für die Auto- oder Baubranche noch größeres Unheil. Der Green Deal ist ein langer Hürdenlauf und die EU-Kommission darf nicht schon bei den kleineren Hürden ins Stolpern kommen. Die EU sollte bei Sustainable Finance vorangehen statt mit einem Bein in der fossilen Vergangenheit zu verharren. Nur ein Label mit glaubwürdigen Regeln kann den globalen Standard für Sustainable Finance setzen, den es angesichts der Klimakrise dringend braucht. Ein Einknicken vor den Partikularinteressen mancher Mitgliedsländer würde die wachsende Sustainable Finance Branche schwer beschädigen. Aus der Branche gibt es großen Protest gegen diesen Angriff auf die Glaubwürdigkeit der Nachhaltigkeitskriterien. Sustainable Finance ist eine Win-Win-Situation für das Klima und die Wirtschaft. Die EU-Kommission darf daraus keine Lose-Lose-Situation machen. Wirklich nachhaltige Unternehmen werden bestraft, wenn das Label auch für Gas-Investitionen gilt. Die EU-Kommission sollte ihren Green Deal verteidigen und glaubwürdige Regeln für nachhaltige Finanzprodukte und Investitionen beschließen.”

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